Wie kann Digitalisierung in der Praxis aussehen? Im letzten Teil unserer vierteiligen Beitragsserie stellen wir Beispiele für eine erfolgreiche Umsetzung vor.
Der ideale Umsetzungsweg zum digitalen Handwerksbetrieb orientiert sich an der betrieblichen Wertschöpfungskette (Abb. 1). Diese beginnt bei der Akquise und endet mit der Übergabe oder mündet in die Kundenbetreuung im Rahmen von wiederkehrenden Wartungs- oder Serviceleistungen.
Das Ziel eines digitalen Handwerksbetriebs besteht darin, langfristig alle Prozessschritte von der Angebotslegung bis zur Schlussrechnung durchgängig digital abzuwickeln. Die Betonung liegt auf langfristig, denn Digitalisierung muss nicht auf einmal erfolgen. Betriebe können mit kleinen, überschaubaren Schritten beginnen und allmählich die Digitalisierung auf weitere Bereiche erweitern. Dadurch lassen sich die Auswirkungen besser kontrollieren, und den Mitarbeitenden bleibt ausreichend Zeit, um sich an die neuen Technologien zu gewöhnen.
Es ist hilfreich, im ersten Schritt dort anzusetzen, wo sich in bestimmten betrieblichen Arbeitsbereichen die meisten Probleme zeigen. Für eine bedarfsgerechte und zielgerichtete Umsetzung lohnt es sich daher, einen Blick auf die Anwendungsfelder zu werfen, die sich aus der betrieblichen Wertschöpfungskette ergeben.
In den Anwendungsfeldern (Abb. 2) werden Aufgaben und Funktionen zusammengefasst, die in den Abläufen und Phasen der handwerklichen Prozesskette eine wesentliche Rolle spielen. Unter Einbindung der Mitarbeitenden sollten Chefs und Entscheider im Vorfeld die wichtigsten Anwendungsfelder identifizieren und priorisieren: Wo besteht der höchste Handlungsbedarf im eigenen Betrieb? In welchen Prozessphasen liegen die größten Optimierungspotenziale und Effizienzeffekte für das Unternehmen?
In den vorangegangenen drei Beiträgen wurden Softwarelösungen und Tools zur Digitalisierung von einzelnen oder mehreren Anwendungsbereichen vorgestellt. Wie können diese Lösungen nun in der Praxis zur Anwendung kommen, um die betrieblichen Prozesse zu digitalisieren? Zum einen haben die Unternehmen auch hier die Qual der Wahl, wenn es darum geht, aus einer Vielzahl an Umsetzungsmöglichkeiten die optimale Variante auszuwählen. Zum anderen bieten sich den Handwerksbetrieben verschiedene Herangehensweisen an: vom einfachen Einstieg bis zur vollumfänglichen Umsetzung der Digitalisierung.
Als Orientierungshilfe, wie die Realisierung in den Handwerksbetrieben erfolgen könnte, werden nachfolgend exemplarisch drei neutrale Umsetzungsvarianten für unterschiedliche Digitalisierungsanforderungen vorgestellt.
Mit der Basisvariante, bestehend aus mehreren Einzelanwendungen, können bereits wesentliche Grundbausteine der betrieblichen Prozesse digital abgebildet werden. Mit der Handwerkersoftware Plancraft als zentrales System können die Kundenverwaltung, die Angebots- und Auftragserstellung sowie die Abrechnung digital erfolgen. Die digitale Baustellendokumentation kann als Ergänzung zu Plancraft mit der MemoMeister App mobil erfasst werden. Die Integration der Kundenkommunikation über eine Webshop- oder Homepage-Anbindung lässt sich ideal mit der CRM-Software von Samdock umsetzen.
Mit dieser Kombination können bereits viele Aufgaben digital vernetzt in der Wertschöpfungskette durchgeführt werden. Diese Umsetzungsvariante eignet sich besonders für einen raschen Einführungsprozess, da sich alle angeführten Lösungen durch eine einfache und intuitive Handhabung auszeichnen und sich so der Umstieg in digitale Arbeitsweisen für die Mitarbeitenden gut bewerkstelligen lässt. Zudem ermöglicht diese Variante kleineren Betrieben einen stufenweisen Umsetzungsprozess, wodurch eine Überforderung der Beteiligten ebenfalls minimiert werden kann. Beispielsweise können die gewerblichen Mitarbeitenden mit der kostenlosen Einsteigerversion von MemoMeister beliebig ausgiebig erste Erfahrungen sammeln, bevor man sich für eine kostenpflichtige Vollversion entscheidet.
Die Herausforderung bei dieser Variante kann darin bestehen, dass anfangs Stammdaten eventuell in mehreren Systemen erfasst und gepflegt werden müssen. Da das Schnittstellenangebot generell bei den Softwareanbietern ständig erweitert und angepasst wird, können diese Doppelerfassungen langfristig reduziert werden. Dem erfolgreichen Einstieg in die Digitalisierung tut dies keinen Abbruch.
Die wesentlichen Unterschiede zur oben vorgestellten Basislösung bestehen darin, dass mit diesen Varianten alle Anwendungsfelder abgebildet werden und eine durchgängige digitale Prozesskette von Akquise bis zur Kundenbetreuung umgesetzt werden kann. Nachfolgend werden dazu zwei unterschiedliche Lösungskombinationen exemplarisch vorgestellt.
Bereits mit der Handwerkersoftware openHandwerk können nahezu alle Anwendungsfelder – außer Kundenkommunikation und Buchhaltung – zentral abgewickelt werden. Dennoch ist es empfehlenswert, zusätzlich für eine umfassende digitale Baudokumention die Craftnote App einzusetzen. Craftnote und openHandwerk bieten dazu eine Schnittstelle zur Übergabe von Bauprojekten an. Für die zielgerichtete Kundenkommunikation setzt openHandwerk auf die Vernetzung mit HubSpot als CRM-Software sowie auf den automatisierten Rechnungsdatenaustausch mit der Buchhaltungssoftware von lexoffice.
Diese Kombination ermöglicht die komplette Umsetzung einer digitalen Prozesskette ohne Medienbrüche, da ein durchgängiger Datenaustausch mittels standardmäßiger Schnittstellen zu den Drittlösungen stattfinden kann. Eine Herausforderung für die Betriebe kann möglicherweise der Einführungsprozess dieser doch schon komplexeren Softwarelandschaft darstellen. Hilfreich ist hier, für die stufenweise Umsetzung größere Zeitfenster einzuplanen und ein umfassendes Einschulungskonzept für die Mitarbeitenden zu erstellen. Schließlich sollte die Softwarelandschaft zukünftig in voller Anwendungsbreite von den Mitarbeitenden genutzt werden können.
Hier deckt HERO als All-in-One-Lösung sowie durch die Verknüpfung mit der Buchhaltungssoftware lexoffice zum Daten- und Kommunikationsaustausch alle Handlungsfelder der handwerklichen Prozesskette ab. Diese Kombination ist nicht nur für mittlere und größere Unternehmen ideal, sondern eignet sich auch für digitalisierungsaffine Kleinbetriebe, die eine gesamtheitliche Umsetzung in einem einzigen zentralen System bevorzugen.
Spätestens bei dieser Variante ist ein Projektplan für das Digitalisierungsvorhaben empfehlenswert, um einen erfolgreichen Einführungsprozess ohne Frustfaktor sicherzustellen. Dazu können beispielsweise intern mit einem kleinen Kernteam gemeinsam Meilensteine und realistische Umsetzungsschritte festgelegt werden, oder man greift auf eine externe Projektbegleitung zurück.
Ein Tipp zum Schluss: Egal ob Betriebe zu einer All-in-One-Lösung oder einer Softwarekombination tendieren, am Anfang steht immer der Auswahlprozess, der sich jedoch für alle Lösungen zielgerichtet und effizient gestalten lässt. Dazu hat sich die Vorgehensweise bei der Softwareauswahl wie in der Abbildung 3 bewährt, um Unternehmen vor Fehlentscheidungen und unnötigen Kosten zu bewahren.
Foto: © Kompetenzzentrum Future Digital
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